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Smart Instruments
Entwickler*innen, Unternehmen und begeisterte Musiker*innen entwickeln jedes Jahr neue digitale Musikinstrumente, Controller oder virtuelle Instrumente, um neue Ausdrucksmöglichkeiten zu schaffen. Anders sieht es bei den klassischen Musikinstrumentenherstellern aus, die oft eine jahrhundertelange Geschichte haben und sich weniger mit den digitalen Möglichkeiten von heute beschäftigen. Schon lange sind Musiker*innen selber auf der Suche nach neuen Wegen, um akustische Instrumente mit Elektronik besser zu verschmelzen. Bislang wurde aber in den meisten Fällen die akustische Quelle des Instruments, z.B. mithilfe eines Mikrofons aufgenommen, analysiert und dann prozessiert wiedergegeben. Doch anders sieht es aus, sobald man versucht, komplexere Prozesse mit dem Spielen zu synchronisieren und z.B. einzelne Parameter der Klanggestaltung mithilfe eines Instruments live zu steuern. Auch im Edu-Tech-Bereich verfolgen viele Unternehmen den Anspruch, allein das Audiosignal zu analysieren und daraus Informationen zu ermitteln. Viele, aber nicht alle.
Digitaize verfolgt einen komplett neuen Zugang und setzt eine einzigartige selbst entwickelte Sensorik ein, um Spieldaten von Musikinstrumenten in Echtzeit zu ermitteln.
Das Digitaize-Modul
Jede akustische Geige kann eine digitale Geige werden. Digitaize macht es möglich. Es bildet eine unsichtbare Brücke zwischen dem akustischen Instrument und dem Computer. Dafür kommt ein selbst entwickelter Sensor zum Einsatz, der auf dem Griffbrett des Instruments montiert wird. Dieser Sensor ist mit einer Auswertungselektronik verknüpft, die die Daten verarbeitet, interpretiert und drahtlos an den Computer schickt. Damit wird vieles möglich, die Notation in Echtzeit, die Steuerung von Synthesizern, das Monitoring der Bewegungsabläufe, die Auswertung der Fingerfertigkeit und zahlreiche weitere Anwendungen.
Das Modul kann auf einfache Weise auf jede beliebige Geige (bzw. 5-saitige Geige, Bratsche oder Cello) montiert werden. Das Modul verfügt über zwei eingebaute Mikrofone (ein Kontaktmikrofon für die Schwingung und ein Luftmikrofon für den Klang), ein Gyroskop und ein Akzelerometer, um die Bewegung des Instruments zu erfassen, sowie einen haptischen Sensor zum Erfassen der Fingerposition.
Diese komplexen Daten werden über eine Software empfangen und als MIDI- bzw. Audio-Information an das Endgerät weitergeschickt.
Das USB-C Receiver empfängt die Daten vom Digitaize Modul.
Die perfekte Symbiose
Das Digitaize-Modul versucht, mit dem Instrument zu verschmelzen und eine perfekte Symbiose mit dem akustischen Corpus zu schaffen. Der Fokus liegt auf einem nicht-invasiven Design, was sowohl das Spielgefühl als auch den Klang des Instrumentes in keiner Weise beeinträchtigt. Dafür wurde jeder Kontakt mit dem Körper des Instruments vermieden und auf eine minimale Kontaktfläche mit dem Instrument geachtet. Das Digitaize-Modul sitzt genau zwischen Griffbrett und Steg und schaut wie eine natürliche Erweiterung des Griffbretts aus. Verbunden ist das Modul magnetisch mit einem Link, der die Brücke zwischen dem Modul und dem Sensor bildet.
Das Digitaize Modul haftet am Griffbrett der Geige.
Das Digitaize Modul auf einer akustischen Geige integriert.
Integrierte Streichinstrumente
Digitaize entwickelt auch komplett integrierte Instrumente, wie die Digitaize Smart Violin. Bei diesem Instrument wurde die Elektronik direkt in das Griffbrett integriert. Von außen schaut das Instrument ganz normal aus, doch wenn man das Griffbrett näher betrachtet, sieht man die eingebaute Elektronik, eine kleine LED, einen Einschaltknopf und den USB-Port zum Laden. Solche neuen Instrumente haben eine implizite Botschaft: In Zukunft werden alle Musikinstrumente digital integriert sein, es ist nur eine Frage der Zeit.
The Smart Violin.
Use Cases
Aber was können MusikerInnen mit Digitaize machen? Die Möglichkeiten sind mannigfaltig!
- Steuerung von virtuellen Klängen und Synthesizern mit einer unglaublichen Präzision. Der eingebaute Sensor auf dem Griffbrett hat eine extrem hohe Auflösung und erfasst jede kleinste Nuance und Fingerposition. Der Sensor ist so konzipiert, dass er jede Saite einzeln abtastet, somit ist das System auch komplett polyphon.
- Live-Verstärkung. Über das eingebaute Mikrofon kann man das Instrument drahtlos verstärken. Das System hat sowohl ein digitales Luftmikrofon als auch ein Kontaktmikrofon für die größtmögliche Flexibilität.
- Bewegung und Beschleunigung einsetzen. Die Bewegungssensoren erlauben eine zusätzliche Ausdrucksmöglichkeit und geben den MusikerInnen die Freiheit, den Klang auf eine neue Art und Weise zu gestalten.
- Multi-Mode. Digitaize erlaubt es, mehrere Instrumente mit einem Computer zu verbinden und über den Receiver zu empfangen. Egal ob Duo, Streichquartett oder sogar ein Streichorchester – mit Digitaize können beliebig viele Instrumente angeschlossen werden und via USB-Receiver deren Signale empfangen werden.
Eine neue Kreativität
Bei Digitaize geht es um Kreativität und Musik, mehr als um Technik. Für die zwei Erfinder war es eine kompositorische Notwendigkeit, sich auf diese neue Weise mit dem Instrument auseinanderzusetzen. Dabei ging es um eine Neudefinition des Instruments und eine sinnvollere Verknüpfung mit der Elektronik.
Infolge des Backgrounds als klassische Musiker gab es eine Affinität für das akustische Musikinstrument. Musizieren setzt die Entwicklung feinmotorischer Fähigkeiten voraus, und die sind eine wichtige Quelle für Kreativität, Ausdruck und menschliche Authentizität in der Musik. Diese Feinheiten des Ausdrucks gibt es im Bereich der digitalen und/oder virtuellen Musikinstrumente noch lange nicht. Digitaize verspricht aber, diesen Mehrwert aufrechtzuerhalten und in das Digitale zu übersetzen. Im Gefolge dieser technologischen Erweiterung entstehen auch neue akustische Instrumente.
Heute gibt es in den unterschiedlichsten Genres sehr viele MusikerInnen, die sich kreativ mit ihrem Instrument beschäftigen, die komponieren, experimentieren, improvisieren und mit Elektronik arbeiten. Genau für diese Musikerinnen und Musiker ist diese Technologie gedacht.
Die Entwickler
Entwickelt wurde Digitaize 2016 von Rafal Zalech und Alessandro Baticci – beide Musiker, Komponisten und Instrumentalisten. Auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten auf ihren Instrumenten trafen sie einander an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. So begann eine musikalische und unternehmerische Zusammenarbeit, die bis heute andauert. Seit 2023 entwickeln sie Digitaize gemeinsam mit einem Industriepartner.
Kein Wunder, dass eine solche Technologie das Interesse eines Unternehmens erweckte, das Innovation im Wappen führt – C.Bechstein Digital. Die „digitale“ Seite des Klavierkonzerns C. Bechstein entwickelt innovative kreative Technologien für und jenseits des Klaviers. Von besonderem Interesse ist die Möglichkeit, Digitaize im Bereich der Musikerziehung einzusetzen.
Alessandro Baticci und Rafal Zalech.
Alessandro Baticci
Alessandro Baticci (Mailand, 1991) agiert an der Schnittstelle zwischen Musik und Technologie. Als Komponist, Flötist und Performer ist Alessandro international im Bereich der zeitgenössischer Musik und der elektroakustischen Klangkunst tätig. Alessandro ist außerdem leidenschaftlicher Unternehmer, Erfinder und Produktdesigner. Er entwickelte innovative elektroakustische Instrumente, digital augmentierte Musikinstrumente, Sound Libraries, sowie Klang- und Ergonomikvorrichtungen für akustische Musikinstrumente. Alessandro ist als Lecturer und Workshopsleiter an verschiedenen Universitäten und Instituten weltweit zu Gast. Aktuell ist Alessandro Produkt Manager für Digitaize bei C. Bechstein Digital. Studium in Komposition, Flöte, Tonmeister und Multimediakunst in Mailand, Wien und Graz.
Artikelthemen
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